- Reset + PDFPrint

"Estland möchte mehr Deutschland in Europa", Frankfurter Allgemeine Zeitung

10.07.2013

 Der estnische Präsident Toomas Hendrik Ilves hat Deutschland aufgefordert, entschlossener in Europa zu führen und weniger kompromissbereit mit südeuropäischen Schuldenstaaten zu sein. "Estland ist deutscher als die Deutschen", sagte Ilves am Dienstag im Gespräch mit deutschen Journalisten. Die baltische Republik, die 2011 den Euro eingeführt hat, erfülle weiterhin alle Maastricht-Kriterien. Die estnische Staatsverschuldung sei nur deshalb von 7 auf immer noch sehr niedrige 10 Prozent einer Jahreswirtschaftsleistung (BIP) gestiegen, weil Estland 2012 Hilfszahlungen an den europäischen Staatsrettungsfonds ESM leisten musste. "Wir unterstützen Merkels Positionen. Wir brauchen mehr Deutschland in Europa", sagte Ilves. Deutschland sei nicht allein. "Auch Estland, Finnland, die Slowakei und außerhalb des Euroraums Polen tun das Richtige in der EU: eigene finanzielle Verantwortung wahrnehmen", sagte Ilves.

Bundespräsident Gauck, der noch bis Samstag auf Staatsbesuch im Baltikum weilt, äußerte sich am Dienstag in der estnischen Hauptstand Tallinn vorsichtiger zum Schuldenabbau in Südeuropa und zu Verstößen gegen die Maastricht-Kritierien. Er sei sich mit Ilves einig, dass die EU-Staaten miteinander solidarisch seien, mahnte aber auch Vertragstreue in der EU an. Der Bundespräsident verwendete die Formel: "Solidarität ja, aber auch Verlässlichkeit." Gauck lobte Estland für Innovationskraft, für Reformbereitschaft und Reformwillen. "Ich wünsche mir mehr Estland in Europa", fügte er hinzu. Estland hat im Jahr 2009 17 Prozent einer Jahreswirtschaftsleistung eingespart, nachdem die Wirtschaft um 17 Prozent geschrumpft war.